Extrem laut und unglaublich nah by Jonathan Safran Foer

Extrem laut und unglaublich nah by Jonathan Safran Foer

Autor:Jonathan Safran Foer [Foer, Jonathan Safran]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2013-10-20T22:00:00+00:00


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GLÜCK, GLÜCK

INTERVIEWER: Würden Sie bitte beschreiben, was an dem Morgen passiert ist?

THOMAYASU: Ich habe das Haus mit meiner Tochter, Masako, verlassen. Sie musste zur Arbeit. Ich wollte eine Freundin besuchen. Dann gab es Fliegeralarm. Ich sagte zu Masako, ich wolle doch lieber nach Hause. Sie sagte: »Ich gehe ins Büro.« Ich machte den Haushalt und wartete auf die Entwarnung. Ich machte die Betten. Ich räumte den Wäscheschrank auf. Ich putzte die Fenster mit einem feuchten Tuch. Da sah ich einen Blitz. Zuerst hielt ich ihn für das Blitzlicht eines Fotoapparats. Inzwischen klingt das lächerlich. Der Blitz stach mir in die Augen. Ich konnte nicht mehr klar denken. In der ganzen Wohnung gingen die Fensterscheiben kaputt. Es klang wie das »Pst!«, mit dem mich meine Mutter immer ermahnt hatte, still zu sein.

Als ich wieder zu Bewusstsein kam, merkte ich, dass ich nicht mehr auf den Beinen stand. Ich war in ein anderes Zimmer geschleudert worden. Ich hatte immer noch das Tuch in der Hand, aber es war nicht mehr feucht. Mein einziger Gedanke war, dass ich meine Tochter finden musste. Ich schaute aus dem Fenster und sah einen meiner Nachbarn, er war fast nackt. An seinem ganzen Körper schälte sich die Haut ab. Sie hing ihm von den Fingerspitzen. Ich fragte ihn, was passiert sei. Er war zu erschöpft, um antworten zu können. Er sah sich ständig um, wahrscheinlich suchte er seine Familie. Ich dachte: Ich muss los. Ich muss los und Masako suchen.

Ich zog mir die Schuhe an und nahm meinen Luftschutz-Umhang mit. Ich machte mich auf den Weg zum Bahnhof. Massen von Menschen kamen mir entgegen, sie flohen aus der Stadt. In der Luft lag ein Geruch, der mich an gegrillten Tintenfisch erinnerte. Offenbar stand ich unter Schock, denn die Menschen glichen an den Strand gespülten Tintenfischen.

Ein junges Mädchen kam auf mich zu. Die Haut schmolz ihr vom Körper. Sie war wie Wachs. Das Mädchen murmelte: »Mutter. Wasser. Mutter. Wasser.« Anfangs glaubte ich, es wäre Masako. Aber ich hatte mich geirrt. Ich gab ihr kein Wasser. Im Nachhinein tut mir das Leid. Aber ich wollte einfach nur meine Masako finden.

Ich rannte den ganzen Weg bis zum Bahnhof von Hiroshima. Er quoll über von Menschen. Manche waren tot. Viele lagen auf dem Boden. Sie riefen nach ihren Müttern und baten um Wasser. Ich ging zur Tokiwa-Brücke. Um zum Büro meiner Tochter zu kommen, musste ich hinüber.

INTERVIEWER: Haben Sie die pilzförmige Wolke gesehen?

THOMAYASU: Nein, ich habe die Wolke nicht gesehen.

INTERVIEWER: Sie haben die pilzförmige Wolke wirklich nicht gesehen?

THOMAYASU: Ich habe die pilzförmige Wolke nicht gesehen. Ich habe Masako gesucht.

INTERVIEWER: Aber die Wolke hat sich doch über der Stadt ausgebreitet?

THOMAYASU: Ich habe Masako gesucht. Mir wurde gesagt, ich dürfe nicht über die Brücke. Ich dachte, vielleicht ist sie ja schon zu Hause, also bin ich umgekehrt. Ich war am Nikitsu Schrein, als der schwarze Regen zu fallen begann. Ich fragte mich, was das war.

INTERVIEWER: Können Sie den schwarzen Regen beschreiben?

THOMAYASU: Ich habe zu Hause auf sie gewartet. Ich habe die Fenster geöffnet, obwohl sie keine Scheiben mehr hatten.



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